„I was a prisoner
locked in the closet
I had to escape
it was me not you.“
„I refuse to be filled with fear. I felt that hiding and being scared is killing us as lesbians“
(Auszüge aus Texten von Aphiwe Mikana, in: Rivers of Life – Lesbian Stories and Poems, Free Gender, 2013)
Die Verfassung Südafrikas von 1996 gilt als eine der fortschrittlichsten weltweit. Sie beinhaltet u.a. das Verbot der Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung. Ungeachtet dessen ist die LSBTI Community in Südafrika einer Reihe von Diskriminierungen ausgesetzt: Gewalt, Belästigung, Einschüchterung und Hassverbrechen sind an der Tagesordnung. Insbesondere in den „informellen Siedlungen“ und Townships kommen die sogenannten „corrective rapes“ von Lesben und Trans*personen immer wieder vor. Mit zahlreichen Projekten setzt sich die Heinrich-Böll-Stiftung in Südafrika für eine Verbesserung der Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans*und Inter* personen und für eine Stärkung der LSBTI Community ein.
Bei einem Projekt in Zusammenarbeit von hbs mit Free Gender wurde eine Gruppe von Lesben und Trans*personen aus den Townships von Kapstadt darin geschult, Geschichten über ihr Leben zu schreiben. In diversen Workshops von November 2013 bis März 2014 lernten sie mit einer Autorin für manch Unsagbares Worte zu finden. Mit berührenden Gedichten und Kurzprosa verliehen sie sich selbst eine starke Stimme. Wie wichtig dies ist, betont die feministische Aktivistin Zethu Matebeni in der Einleitung: „Das Geschenk der Stimme kann Leben verändern“. Die Texte wurden in dem Buch „Rivers of Life –Lesbian Stories and Poems“ („Flüsse des Lebens – Lesbische Geschichten und Gedichte“) gesammelt herausgegeben und während der Tage des Aktivismus im November 2013 u.a. an nationale und internationale Institutionen verteilt.
Ein zweites Buch der Autorin Sonbwabiso Ngcowa mit dem Titel „In search of happiness“ (Auf der Suche nach Fröhlichkeit) erzählt die Geschichte einer lesbischen Liebe in einem südafrikanischen Township. Dieser Roman wurde mit Cover2Cover veröffentlicht und richtet sich an eine breite Öffentlichkeit. Diese Pionierarbeit soll in Organisationen, Schulen und Bibliotheken verteilt werden und wurde im Rahmen desselben Projekts von der hbs gefördert. Beide Bücher werden als Bildungsmaterial in Schulen, von LSBTI Gruppen und in den Townships verwendet.
Einen Beitrag zu einem besseren Verständnis der Lebenssituation von LSBTI Personen zu leisten, war auch das Ziel der Ausstellung und Intervention der südafrikanischen Künstlerinnen Zanele Muholi und Gabrielle Le Roux. Im Wits Arts Museum in Johannesburg haben sie von Januar bis März 2014 mit der Ausstellung „Queer and Trans Art-iculations“ einen Raum geschaffen, der Menschengruppen, die aufgrund ihrer sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität systematisch ausgeschlossenen werden, sichtbar machen sollten. Damit wollten sie eine Intervention für soziale Gerechtigkeit schaffen und dominante Paradigmen um Gender und Sexualität, wie Geschlechterbinarität und Heteronormativität hinterfragen. Die Ausstellung wurde von einer umfassenden Veranstaltungsreihe begleitet. Ein Fokus der Ausstellung war es marginalisierten Menschen eine Stimme zu geben, nicht über sie sondern mit ihnen zu reden und damit eine Basis für weitere Aktionen und ein dialogisches Miteinander zu entwickeln.
Stigmatisierung, Diskriminierung, Gewalt und gesellschaftliche Unsichtbarkeit bestimmen die Lebensrealität von lesbischen Frauen in Namibia. Auch im Nachbarland Südafrikas kommt es immer wieder zu Gewalt gegen Lesben. Die Menschenrechtsverletzungen bleiben häufig unsichtbar und die Täter kommen ungestraft davon. Mehr Sichtbarkeit lesbischer Frauen und ein erhöhtes Bewusstsein um deren Rechte sollte mit einem umfassenden hbs Projekt in der Erongo Region in Namibia erreicht werden. Neben einem Filmabend mit lesbischen Dokumentarfilmen, einer Publikation für Eltern lesbischer Töchter und Entscheidungsträger_innen, fanden auch Workshops und Trainings für lesbische Frauen statt.
In Zusammenarbeit mit der namibischen Frauenrechtsorganisation Womens Leadership Centre (WLC) in Windhoek unterstützte die hbs junge lesbische Frauen dabei, herrschende Geschlechterkonstruktionen zu hinterfragen, ihre Rechte zu verstehen, sich zu vernetzen und selbstbestimmt zu handeln. Insgesamt zwanzig Lesben aus der Region nahmen an den Workshops von März bis Juli 2013 teil, bei denen auch unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen ausprobiert wurden. Mit den selbst gemachten Fotografien erstellten die Frauen die Fotoausstellung „Wir erschaffen unser eigenes Ebenbild“, die im April 2014 in Berlin gezeigt wurde. Auf den Fotos zeigen sich die Frauen stark, stolz und voller Offenheit und schaffen sich dabei als aktive, selbstbewusste Frauen, die ihre soziale Ausgrenzung nicht länger hinnehmen.
Ein ähnliches Projekt für LSBTI Personen des Western Cape hatte zum Ziel deren Selbstvertrauen und politischen Aktivismus zu stärken. Beim Kurs „Landscape Within, Landscape Between, Landscape Around“ ging es um Persönlichkeitsentwicklung und darum, Strategien des Widerstands dagegen zu entwickeln, in einer heteronormativen und größtenteils homophoben Gesellschaft zu leben. Dabei waren zahlreiche Erfolgsgeschichten zu verzeichnen, bei denen manche LSBTI Personen das erste Mal über ihre Verletzungen und Traumata gesprochen haben. Dabei kamen Vergewaltigungen und andere Formen der Gewalt genauso zur Sprache, wie aus der Familie oder der Glaubensgemeinschaft ausgestoßen zu werden. Das Projekt, das die hbs in Zusammenarbeit mit der NGO Triangle Project durchführt, geht davon aus, dass nur gestärkte und informierte Bürger_innen ihre Rechte einfordern und Akteur_innen einer sozialen Veränderung sein können.
Der Konflikt zwischen Homosexualität und Glaubensgemeinschaften ist in Afrika besonders ausgeprägt. Viele religiöse Anführer vertreten die Meinung, dass Homosexualität „unafrikanisch“ sei. Angeblich wünschen sich 80% der Bevölkerung Südafrikas, dass Rechte für Homosexuelle rückgängig gemacht werden. Das Projekt „Moving open minds to open hearts“ („Offenheit soll Herzen öffnen“) wurde in Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation „Inclusive and Affirmative Ministries” ausgeführt. Diese Organisation der Zivilgesellschaft betreibt Aufklärungsarbeit mit kirchlichen Institutionen. Das Projekt, das vom Februar bis Dezember 2013 lief, hatte zum Ziel mit Vertreter_innen der Zivilgesellschaft homophobe Politik, Gesetzgebung und Einstellungen in Südafrika, Namibia und Simbabwe zu abzubauen. Die Trainings für Seminaristen und Vertreter_innen des christlichen Glaubens sollten deren Bewusstsein um die Situation von LSBTI-Personen schärfen und gegen Intoleranz und Homophobie in Religionsgemeinschaften vorgehen. Außerdem wurden Trainingsmaterialien mit länderspezifischen Inhalten, sowie Forschungsprojekte entwickelt.
Nicht nur christliche Religionsgemeinschaften, auch muslimische Gläubige haben häufig ein schwieriges Verhältnis zu Homosexualität. Für den orthodoxen Islam ist Homosexualität vor Gott verboten und in manchen Ländern werden homosexuelle Handlungen mit dem Tod geahndet. Unter dieser extremen Situation leiden queere Muslime sehr, insbesondere wenn sie von ihren Familien ausgestoßen, gefoltert werden oder ihr Land verlassen müssen. An Vertreter_innen der muslimischen Gemeinschaft richtete sich das „Global Queer Muslim Outreach“ Projekt, das die hbs in Kapstadt gemeinsam mit der Menschenrechtsorganisation The Inner Circle (TIC) von Februar bis Oktober 2013 durchgeführt hat. Dies beinhaltete die Vorbereitung und Ausführung des jährlichen International Retreat, bei dem das Global Queer Muslim Network Treffen stattfand. Dieses Netzwerktreffen bietet einen alternativen Raum für queere Muslim_innen um voneinander zu lernen, Erfahrungen auszutauschen und das Bewusstsein bezüglich sexueller Diversität im Islam zu stärken. Es hat zum Ziel queere Muslime darin zu stärken, ihren Glauben mit ihrer Sexualität vereinbaren zu können. Es ging dabei viel um Akzeptanz des Selbst und brachte eine bedeutende Stärkung und Empowerment mit sich. Es zeigte auch, wie wichtig es ist, dass sich die queere muslimische Bewegung proaktiv für die Menschenrechte von queeren Muslim_innen einsetzt. Die Partnerorganisation TIC ist die einzige Organisation weltweit, die sich spezifisch für aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität diskriminierte Muslim_innen einsetzt und der muslimischen Community Weiterbildungsmöglichkeiten bezüglich sexueller Vielfalt aus theologischer Perspektive anbietet.
Die hbs Kapstadt schafft es mit einer vielfältigen Palette an Angeboten von Filmen, Publikationen, Ausstellungen über Trainings, Workshops und Seminare zu LSBTI Themen, das Bewusstsein zum Thema zu erweitern, sowie die LSBTI Community in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken. Ziel ist, dass es auch für lesbische, schwule, bisexuelle, Trans* und Inter*- Menschen eine angstfreie, sichere und erfüllte Zukunft gibt.
„Happiness is like the smell
of a new fresh day“
(Ausschnitt aus einem Gedicht von Theo Masalaza, idem)
von Caroline Ausserer für die Heinrich-Böll-Stifung
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