Die Subkulturen in der Mode, dem Design und der Kunst bilden den Nähjrboden für Neugründungen, gerade in der Technoligiebranche. Die Dynamilk ist stärker als in London oder New Yrok, sagt Simon Schäfer, Grunder des Start-up-Zentrums Factory.
Interview mit Simon Schäfer von Caroline Ausserer
Ist Berlins Ruf als europäische Hauptstadt der Internetfirmengründungen gerechtfertigt?
Vergleichen wir die Performanceindikatoren, d.h. Unternehmensverkäufe und Börsengänge zwischen London und Berlin, zeigt es sich, dass London ein 16faches des Exitvolumens aufzuweisen hat. Schauen wir uns hingegen den Indikator der Neugründungen an, da hat Berlin sehr viel Zuwachs erlebt in den letzten Jahren. Die McKinsey Studie hat rausgefunden, dass im Jahr 2012 zum ersten Mal die Technologiebranche mehr zum BIP der Stadt beigetragen hat als die Immobilienbranche. Das ist für eine Stadt wie Berlin, in der so viel gebaut wird, signifikant.
Was macht Berlin so anziehend für Jungunternehmen?
Berlin bietet für eine neue Gründergeneration einen guten Nährboden, weil die Stadt den Kontakt zu Subkulturen aufrechterhalten hat. In Berlin habe ich einen starken Kontext zu Inspiration und zu Ressourcen, eine sehr präsente Fashion-, Kunst- und Designszene. Die Gründer von Start-Ups, die wir am interessantesten finden, kommen oft aus kreativen Berufen.
Wird Berlin auch auf Dauer so anziehend bleiben?
Berlin hat noch mehr Attribute, die für die Stadt sprechen. Zum einen hat Berlin wegen der Subkulturen eine große Anziehungskraft für Ausländer und eine internationale Positionierung. Zum anderen gibt es in Berlin kaum sozial homogene Nachbarschaften und dieser Schmelztiegel ist ein optimaler Nährboden für Leute mit Ideen. Die Start-Up Kultur ist eine sehr offene Kultur, eigentlich die positivste Ausprägungen des Kapitalismus. Sie braucht einen soziodemografische Kontext, der nicht zu einengend ist. Dafür hat Berlin von seiner Historie her wunderbare und seltene Eigenschaften, die ich beispielsweise in London oder New York so nicht finde. Es ist eine wahnsinnige Dynamik und ich behaupte, es wird noch viele Jahr so bleiben.
Wenn Sie Deutschland mit der Schweiz vergleichen: was spricht für oder gegen eine Unternehmensgründung im jeweiligen Land?
Für eine Unternehmensgründung in der Schweiz spricht die Rahmenstabilität, sowie ein hoher Grad der Ausbildung der Mitarbeiter und natürlich die wertvolle Multilingualität. Dagegen spricht die Marktgröße, dies gilt auch für Deutschland und sogar für Europa, obwohl das noch nicht als ein Markt begriffen wird. Für eine Unternehmensgründung in Deutschland spricht wenig, wenn es nicht Berlin ist. Es gibt zwar einen hohen Bildungsstand, wir sind Bestandteil und Motor eines stabilen Währungssystems und es gibt ein vorherrschendes Verständnis, sich europäisch orientieren zu müssen. Aber die Sprache spricht klar dagegen und, wie gesagt, der Rest Deutschlands hat nicht die günstigen Voraussetzungen von Berlin.
Was bringt die Internetökonomie mit sich? Warum brauchen wir überhaupt so viele Internet-Gründer?
Das Interessanteste am Thema Start-Ups ist, dass wir quasi akademisch Ideen ausprobieren und antizipieren zu scheitern. Mit dem nahezu akademischen gezielten Ausprobieren von Geschäftsideen treiben wir Innovation, Fortschritt und Wohlstand an. Programmierer sind die Ingenieure der Zukunft. Wenn wir unsere Gesellschaft weiter entwickeln wollen, dann darf sich die Ingenieursleistung nicht darauf beschränken, Produkte aus Erdöl herzustellen, sondern es geht auch um immaterielle Werte. Das Netz ist da und die neue Formen der sozialen Interaktion sind sehr wichtig. Wenn wir als Europa daran nicht partizipieren und dieses Spielfeld allein dem Silicon Valley bzw. den Amerikanern oder den Chinesen überlassen, dann nehmen
wir an der Zukunft nicht mehr so teil, wie wir es mal gewohnt waren.
Was braucht es, damit Start-Ups erfolgreich werden?
Es gibt zwei Komponenten: wir brauchen erfahrene Gründer, aber auch jene, die bereit sind, Start-Ups zu finanzieren. Insbesondere in der ersten Phase der Geschäftsgründung, der sogenannten „Angelphase“ brauchen wir viele mehr, die bei der Formulierung und Entwicklung der Idee so helfen können, dass sie erfolgreich wird. Das Schwierigste ist in der frühen Phase das richtige Team aufzubauen. Sobald man eine Geschäftsidee startet, ist es ähnlich wie ein Lebewesen, es hat eine Historie, d.h. auch alle bisherigen Investoren sind relevant. Daher ist es wichtig, „Angels“ an Bord zu nehmen, die bekannt sind und für diese Art der Geschäftsidee eine Historie mitbringen. Diese „Angels“ sind für spätere Investoren eine Art Gütesiegel.
Wie passt das Konzept der Factory da rein?
Die Factory ist ein Campus für Start-Ups verschiedener Phasen an einem Ort. Es ist ein weltweit einzigartiges Konzept. Mit dabei sind local heroes wie Soundcloud oder die 6Wunderkinder, aber auch technology giants wie Mozilla Google, sowie kleine und neue Start-Ups. Uns ist wichtig, dass die Unternehmen innovativ sind und etwas an die Community zurückgeben in Form von Veranstaltungen, Wissenstransfer oder mit Mentorenprogrammen. Wir sagen, wir stellen einen Ort bereit, an dem sich das alles entwickeln kann, aber wir sind nicht diejenigen, die leiten und lenken, das soll die Szene selber tun. Unser Plan ist lediglich, der Möglichkeit des Wachstums einen Ort zu geben.
Zur Person: Simon Schäfer ist Partner in der Berliner Investmentgesellschaft JMES Investments und gründete 2011 mit Udo Schloemer den Startup Campus Factory. Bereits 1997 arbeitete Schäfer als Designer für verschiedene deutsche Startups. Er baute erfolgreiche Marken wie Kameha Hotels, Motorvision TV Station (Sky) und Wirecard auf und betrieb zeitweise den Sneaker Store Nort und die Street Art Galerie 95. Mit seinem eigenen Startup ImmoCommerce bietet er Immobilienmaklern einen One Stop Shop für Online Marketing.
Caroline Ausserer, (erschienen in der Schweizer Unternehmer Zeitung Nr.1 am 2. Februar 2014 im Auftrag von Café Europe)
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